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Fr, 9. Juni 2023, 3:11 Uhr

SVB: Europäische Banken im Fokus, aber Ansteckungsgefahr scheint gering


14.03.23 09:37
Raiffeisen Bank International AG

Wien (www.aktiencheck.de) - Während die SVB (ISIN US78486Q1013/ WKN A0ET46)-Pleite als Sonderfall betrachtet werden könnte, werden die Risiken für den europäischen Bankensektor, insbesondere im Zusammenhang mit den nicht realisierten Verlusten aus den Staatsanleiheportfolios, von den Anlegern sicherlich aufmerksam verfolgt, so die Analysten der Raiffeisen Bank International AG.

Die Analysten seien der Ansicht, dass das Risiko derzeit weitgehend eingedämmt sei und andere Verluste "nur" mit direkten Engagements bei der SVB zusammenhängen dürften (z.B. Alecta (der größte schwedische Pensionsfonds, EUR 1 Mrd.), Norwegens Staatsfonds (USD 160 Mio.)). Auch wenn sie die rasche Entscheidung der FED, der FDIC und des US-Finanzministeriums, alle Einlagen der betroffenen Institute zu versichern, begrüßen würden, könnte man dennoch argumentieren, dass damit eine Blaupause für künftige Bankenzusammenbrüche auch in Europa geschaffen werde. Für Anleihegläubiger und Aktienanleger scheine die Sache klar zu sein, denn es sei kein Bail-out in Sicht.

Was die Einlagen und deren Garantie durch Regierungen und/oder Zentralbanken betreffe, so könnte man sich auch auf die Unterschiede zwischen dem US-Bankenmarkt und dem europäischen Markt konzentrieren. Während in den USA "nur" etwa 51% der Einlagen unter die FDIC-Garantie fallen würden, seien in der EU etwa 63% der Einlagen durch Sicherungssysteme abgedeckt, und 72% der Einlagen würden auf Privatkunden entfallen. Dies könnte das Risiko einer Einlagenflucht oder eines Ansturms auf Letztere verringern.

Auch künftige Zinserhöhungen durch die FED und die EZB würden von den Märkten schnell ausgepreist und der Staatsanleihen-Markt verbuche eine fast beispiellose Rally. Dies könnte etwas zu verfrüht sein. Obwohl das Thema Inflation seit Freitag in den Hintergrund getreten sei - und dies auch in den kommenden Tagen tun werde - bleibe diese auf hohem Niveau. Da die Analysten das SVB-Ereignis als ein eher lokal begrenztes Ereignis betrachten würden, dessen Auswirkungen sich bisher weitgehend in Grenzen halten würden, würden sie argumentieren, dass dies die EZB nicht unbedingt von ihrem Kurs in dieser Woche und der geplanten Anhebung um 50 BP abgehen werde.

Das Finanzsegment des Fixed Income Marktes werde ebenfalls leiden, was kurzfristig zu einem erhöhten Credit-Risiko führen könnte. Die Spreads (OAS) von vorrangigen und nachrangigen Finanzanleihen seien am Freitag auf Indexbasis bereits um 8 bzw. 13 BP gestiegen, und die Analysten würden davon ausgehen, dass sich dies kurzfristig fortsetzen werde. Außerdem sollte man bedenken, dass die Credit-Spreads im Finanzsegment aus Sicht der Analysten schon seit langem nicht mehr auf das veränderte Zinsumfeld reagieren würden. Die Kosten für die Versicherung von Bankschuldtiteln seien um 17 BP bzw. 37 BP für vorrangige und nachrangige Finanztitel gestiegen (Stand: 13.3.2023, 15:50 MEZ).

Des Weiteren würden damit die Liquiditätskennzahlen der europäischen Banken und das Auslaufen von TLTRO III wieder in den Vordergrund rücken. Die Banken hätten seit Herbst 2022 die Möglichkeit, ihre TLTRO III-Mittel vorzeitig zurückzuzahlen. Nach den ersten beiden vorzeitigen Rückzahlungen im Volumen von EUR 293 Mrd. und EUR 534 Mrd. seien die folgenden Möglichkeiten zur vorzeitigen Rückzahlung jedoch weitgehend ungenutzt geblieben. Das bedeute, dass die europäischen Banken noch rund EUR 1.200 Mrd. an TLTRO III-Mitteln "abrufen" könnten, von denen allerdings EUR 550 Mrd. im Juni 2023 fällig würden. Allein im Jahr 2024 würden über EUR 500 Mrd. fällig.

Die Analysten seien der Meinung, dass die Banken trotz der höheren Kosten für das Halten der TLTRO-III-Mittel bis zur Fälligkeit, wenn sie nicht ohnehin schon daran gedacht hätten, diese Mittel bis zur Fälligkeit zu halten, dies nun mit Sicherheit tun würden. Je nachdem, wie der Markt und die Einleger in den kommenden Wochen reagieren würden, könnte es sogar ein Argument für einen neuen TLTRO IV geben, wenn auch zu höheren Kosten und mit einer Laufzeit von einem Jahr.

Schließlich werde sich der Margendruck auf den europäischen Bankensektor aufgrund der erhöhten Einlagenzinsen in den kommenden Monaten noch verstärken, da sich der Kampf um qualitativ hochwertige Einlagen verschärfen werde, was wiederum Druck auf die "glorreichen" Rentabilitätszahlen der Banken, die noch im Jahr 2022 berichtet worden seien, ausüben werde. (Ausgabe vom 13.03.2023) (14.03.2023/ac/a/m)